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Archive for Februar 2010

Christoph Schlingensief – Die 120 Tage von Bottrop

Charmanter Egozentriker, Freigeist, großes Kind, humorvoller Wahnsinniger, Cineast, Provokateur, Aktionskünstler, Regisseur: Christoph Schlingensief, das Enfant terrible der deutschen Film-, Theater- und Kunstszene, dem ich zum ersten Mal im Jahr 2000 beim Channelsurfing durch das deutsche Fernsehnetz begegnete, als ich auf MTV zum ersten Mal eine Folge seiner Guerilla-Talkshow U 3000[1] zu Gesicht bekam, die im Netz der Berliner U-Bahn gedreht worden war und sowohl bekannte TV-Formate vorführte bzw. dekonstruierte, als auch brisant und provokativ mit aktuellen politischen Themen umging. Ich war gerade sechzehn Jahre alt, begann mich langsam ernsthafter für Filme zu interessieren und wurde sofort in den Bann von Schlingensiefs absurden und bis dato für mich noch ausgesprochen verstörenden Trasheskapaden gezogen, deren tieferer Sinn mir vorerst noch verborgen bleiben sollte. Ich spürte, dass hier etwas geschah, was mich mit seiner Sperrigkeit bewusst provozieren wollte, hatte derartige Szenarien noch nie zuvor gesehen und blieb dabei anstatt abzuschalten, da ich ausgesprochenen Gefallen daran fand. Einen Faible für Trash hatte ich zuvor sowieso durch meine Faszination für  Horrorfilme aller Art entwickelt und diese Kunstform nun mit ausgeprägter Mediensatire und Fernsehkritik vorgesetzt zu bekommen, veränderte meine filmische Wahrnehmung dahingehend, dass ich plötzlich weniger und weniger Gefallen an groß produzierten Unterhaltungsproduktionen fand und mich stattdessen weiterhin lieber mit den Extremen des Mediums befassen wollte. Christoph Schlingensief selbst verlor ich im Laufe meiner restlichen Schulzeit jedoch vorerst wieder aus den Augen, da es aufgrund wenig verbreiteter VHS-Kassetten und strenger Altersfreigaben so gut wie unmöglich war den einen oder anderen Film von ihm überhaupt zu bekommen. Das Internet und das Medium DVD existierten in ihrer jetzigen Form noch nicht und es dauerte fast eine Dekade, bis ich wieder auf Schlingensief aufmerksam wurde und seine restlichen Arbeiten endlich zu Gesicht bekam […]

Snog – The last of the great romantics

Meine Rezension zum aktuellen Snog-Album ist fertig. Viel Spaß beim Lesen!

Stellen wir uns einen Berliner vor – nein, nein, nicht jemanden aus besagtem Bundesland, sondern die gleichnamige und an Kalorien völlig überproportionierte Teigware, die sich gerade zur eher jecken Jahreszeit großer Beliebtheit erfreut. Fettiger und süßer Teig, überzogen mit einer fingerdicken Puderzuckerschicht, die zusätzlich noch mit Schokolade dekoriert wurde und nicht zu vergessen, die Nougatfüllung, das absolut essentielle Element und der Ursprung alles Bösen. Beim Teilen einer solch kleinen Fettbombe, die sich nicht selbst detoniert, sondern uns langsam und qualvoll explodieren lässt, gibt es ähnlich wie bei Loriots Kosakenzipfel und vor allem mit einer ausgeprägten und irgendwie auch verstörenden Regelmäßigkeit, Diskussionen darüber, wie denn das vorliegende Stück Backware zu zerteilen sei, da man sich nie sicher sein kann, wo sich der besonders große Anteil an herzinfarktfördernder Füllung verstecken mag und schließlich glaubt jeder jetzt wieder an der Reihe zu sein, was diese kleine, unterschätzte Unvernunft angeht, da die Bio-Äpfel, das Vollkornbrot und die fettfreien Kartoffelchips einen Ausgleich fordern und das Gewissen durch sie schließlich keinen Grund zum Meckern haben sollte.

Nun nehme man den Süßesten, den mit der Füllung, die man ihm augrund ihrer Üppigkeit schon von außen ansieht, da er fast zu platzen scheint und ein Tropfen himmlischen Nougats bereits aus einer kleinen Pore an der Seite quillt, als brauche dieser mehr und mehr Platz. Der Behälter steht unter Druck, es ist ein gefährliches Unterfangen und nur wer wirklich todesmutig ist, wagt den ersten Bissen […]